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Westinghouse liefert nicht – Prag spekuliert auf Mengenrabatt bei neuen Atomkraftwerken

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Prag – Tschechien hat im März 2022 eine Ausschreibung über ein weiteres Atomkraftwerk am Standort Dukovany gestartet. Durchgeführt wird das Verfahren von der CEZ-Gruppe, das ist der mehrheitlich im tschechischen Staatsbesitz befindliche Energieversorger. Nun geht die Ausschreibung mit einer Überraschung in die nächste Phase.

Im Rahmen der Fortsetzung des Ausschreibungsverfahrens für ein einzelnes Atomkraftwerk am Standort Dukovany hat die tschechische Regierung den Bieterkreis überraschend verkleinert. Gleichzeitig sollen die verbleibenden Bieter ein weiteres verbindliches Zusatzangebot über bis zu vier Atomkraftwerke abgeben. Grund sind mögliche Mengenrabatte, wenn mehrere Atomkraftwerke bestellt werden, so die tschechische Regierung. Entschieden ist noch nichts, die tschechische Regierung will nur aus einer erweiterten Angebotsvielfalt auswählen können.

Tschechische Regierung verhandelt nur noch mit südkoreanischer KHNP und französischer EDF
Nach dem frühzeitigen Ausscheiden der staatlich-chinesischen CGN und der staatlich-russischen Rosatom will Prag nicht mehr mit Westinghouse in die nächste Erweiterungsrunde gehen. Das ist vor dem Hintergrund bemerkenswert, weil nur Westinghouse den von der tschechischen Regierung ursprünglich als Einzelanlage geforderten Atomkraftwerkstyp mit einer Leistung von bis zu 1.200 MW vorweisen kann. Die Einschränkungen am Standort lassen keine Atomkraftwerke mit höherer Leistung zu.

Westinghouse hat bereits vier Atomkraftwerke vom Typ AP 1000 mit einer Leistung von 1.150 MW in China in Betrieb genommen, während EDF und KHNP noch keinen vergleichbaren AKW-Typ in dieser Leistungsklasse vorweisen können. EDF bereite aber laut der tschechischen Regierung das EPR1200-Projekt mit einer Leistung von 1.200 MW vor, dabei handelt es sich um eine abgespeckte Version des EPR1600-Projekts (1.600 MW Leistung, z.B. das AKW Flamanville). Auch KHNP hat danach bisher nur den APR 1400 (1.400 MW Leistung) im Programm, der AKW-Hersteller bereite aber eine leistungsreduzierte 1.000 MW-Projektvariante (APR 1000) vor, die aber lediglich gemäß den europäischen Versorgungsanforderungen zertifiziert ist. Die Zertifizierung im Heimatland wird danach vorbereitet.

Westinghouse hat dagegen wichtige Ausschreibungsanforderungen nicht erfüllt, teilte die tschechische Regierung in ihrer Begründung für die weitere Vorgehensweise mit. So sei das bisherige Westinghouse-Angebot unverbindlich gewesen und es sei nicht klar definiert, wer für die Qualität der Arbeit verantwortlich ist. Damit ist der einzige nichtstaatliche AKW-Hersteller ausgeschieden. Es bleiben noch das Staatsunternehmen EDF aus Frankreich und die mehrheitlich im Staatsbesitz befindliche KHNP (Korea Hydro Nuclear Power) aus Südkorea im Wettbewerb.

Mengenrabatt soll Preis für tschechische AKW-Neubauten reduzieren
Ursprünglich war die Ausschreibung so gestaltet, dass ein verbindliches Angebot für das einzelne Atomkraftwerk am Standort Dukovany (Block 5) und ein optionales Angebot für Block 6 am selben Standort abgegeben werden sollte. In der endgültigen Ausschreibungs-Dokumentation kamen dann aber noch zwei weitere optionale AKW-Blöcke am Standort Temelin hinzu, sodass die Angebotsbandbreite insgesamt vier Atomkraftwerke umfasste.

Die tschechische Regierung teilt weiter mit, dass sie Bieter derzeit kontaktiert, die ein verbindliches Angebot für das einzelne Atomkraftwerk am Standort Dukovany (Block 5) abgegeben und bisherige unverbindliche Optionen für weitere Atomkraftwerke in verbindliche Angebote umwandeln werden.

Ministerpräsident der Tschechischen Republik, Petr Fiala, betonte jedoch, dass einer der Hauptaufgabe seines Kabinetts der erfolgreiche Abschluss der Ausschreibung für den Bau eines neuen Blocks in Dukovany ist. „Allerdings müssen wir auch entscheiden, wie viele neue Kernreaktoren wir von dem ausgewählten Lieferanten liefern lassen", so Fiala. "Der bisherige Verlauf der Ausschreibung zeigt, dass wir durch die gleichzeitige Lieferung mehrerer Reaktoren einen günstigeren Preis von bis zu 25 Prozent für einen Reaktor erzielen könnten. Daher haben wir uns entschieden, die Bieter aufzufordern, verbindliche Angebote für die Lieferung von bis zu vier neuen Kernreaktoren abzugeben. Auf dieser Grundlage werden wir dann einen Lieferanten auswählen und entscheiden, ob wir weitere Reaktoren bauen lassen oder nicht“, fügte der Premierminister hinzu.

Bis Ende Mai 2025 will die tschechische Regierung Klarheit über den endgültigen Preis für den eventuellen Bau weiterer Reaktoren und die notwendigen Garantien erhalten. Die beiden Hersteller von Atomkraftwerken haben nun bis zum 15. April 2024 Zeit, verbindliche Angebote abzugeben. Die Verschiebung soll keinen Einfluss auf den Zeitplan haben. Dieser sieht vor, dass der erste neue AKW-Block bis Ende 2036 in Betrieb genommen wird.

Finanzierung der geplanten Atomkraftwerke unklar
Wie viele Atomblöcke genau benötigt werden, lasse sich noch nicht sagen, so die tschechische Regierung weiter. Man benötige sowohl große Reaktoren als auch Atomkraftwerke mit kleiner und mittlerer Leistung. Die bereits kolportierten Kosten für den Bau eines Atomkraftwerks mit rd. 1.200 MW Leistung in Höhe von 160 Mrd. tschechischen Kronen (6,3 Mrd. Euro) halten Experten für viel zu niedrig und für völlig unrealistisch. Zum Vergleich: Das britische Atomkraftwerk Hinkley Point C mit zwei Blöcken a 1.740 MW Bruttoleistung kostet zu heutigen Preisen über 50 Mrd. Euro (46 Mrd. £), d.h. mindestens 25 Mrd. Euro pro AKW-Block. Selbst bei einer abgespeckten Bauvariante dürfte der Preis nicht annähernd an die erwarteten tschechischen Preisvorstellungen herankommen.

Zusätzlich zu den reinen Baukosten steht und fällt die Finanzierung von Atomkraftwerken mit der Höhe der Erlöse für den Atomstrom. Ähnlich wie in Großbritannien ist eine staatliche Unterstützung in Form eines Contract for Difference Modells (CfD) vorgesehen. Dazu erhält der Hersteller des Atomkraftwerks eine staatliche Mindestvergütung garantiert. Liegt der tatsächliche Marktpreis am Strommarkt dann darunter, zahlt der Staat oder der Stromverbraucher die Differenz. Liegt der Marktpreis über der garantierten Mindestvergütung muss der AKW-Hersteller nur die darüber liegenden Mehrerlöse anteilig oder ganz zurückgeben.

Im Fall von Hinkley Point C wurde eine inflationsindexierte Mindestvergütung vereinbart, die schon heute (Stand: 01.09.2023) bei 128,09 £ /MWh (ca. 14,8 Cent/kWh) liegt. Bis zum Start von Hinkley Point C Ende des Jahrzehnts steigt die staatliche Mindestvergütung mit der britischen Inflation immer weiter nach oben, selbst wenn die Marktpreise für Strom auf dem heutigen Niveau verharren sollten.

Über die tschechischen Atomkraftwerke
Tschechien hat sechs Atomkraftwerke mit einer Bruttoleistung von 4.164 MW (4,2 GW) an zwei Standorten. Am AKW-Standort Dukovany stehen vier kleine AKW-Blöcke mit je 500 MW, die in den Jahren 1985 – 1987 ans Netz gegangen sind und damit knapp 40 Jahre in Betrieb sind. Diese Atomkraftwerke mit einer Leistung von 2.000 MW werden schon aus Altersgründen vorrangig ersetzt.

Am Standort Temelin sind die beiden Atomkraftwerke Temilin-1 und Temilin-2 mit je 1.082 MW Bruttoleistung seit 2000 bzw. 2022 in Betrieb.


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08.02.2024

 



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