Strom: Industrie-Befreiung von Netzentgelten nichtig – EU-Verfahren gestartet
EU-Kommission prüft, ob Beihilfe vorliegt
Parallel hat die Europäische Kommission eine eingehende Prüfung eingeleitet, um festzustellen, ob die Befreiung großer Stromverbraucher von Netzentgelten in Deutschland seit 2011 eine staatliche Beihilfe darstellt. Sollte dies der Fall sein, wird die Kommission prüfen, ob die Befreiung zu übermäßigen Wettbewerbsverzerrungen in der EU führen könnte oder ob sie gerechtfertigt werden kann. Die Kommission ist beim gegenwärtigen Stand der Auffassung, dass es sich bei der Umlage um staatliche Mittel handeln könnte und dass die Befreiung den Begünstigten einen selektiven Vorteil gegenüber Wettbewerbern in anderen Mitgliedstaaten zu verschaffen scheint. Auf diese Weise könnte der Wettbewerb im EU-Binnenmarkt verzerrt werden. Die Kommission werde gleichzeitig sorgfältig prüfen, ob die Befreiung durch ein Ziel von gemeinsamem Interesse gerechtfertigt werden könne, heißt es in der Erklärung der EU-Kommission. Experten gehen von einer Klärung in den nächsten acht Monaten aus. Auch das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in seiner Urteilsbegründung europarechtliche Bedenken angeführt.
Grüne: Privathaushalte zahlen Umlage für Golfclubs
Die Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn (Bündnis 90 / Die Grünen) sieht im Urteil und dem EU-Beihilfeverfahren den Auftakt zur Rückabwicklung der unfairen Subvention. Private Haushalte würden für Versicherungen, Golfclubs und Pharmafirmen komplett oder teilweise die Netzentgelte beim Strom mitbezahlen. Höhn: "Nächstes Jahr dürfte diese Umverteilung deutlich mehr als eine Milliarde Euro ausmachen. Das kommt nicht nur der Europäischen Kommission merkwürdig vor." CDU und FDP hätten es 2011 mit der Begründung eingeführt, dass die Stromkosten durch den Atomausstieg steigen und man deswegen die Unternehmen entlasten müsste. Die Strompreise seien aber deutlich gefallen, damit fehle die argumentative Grundlage, so Höhn. Etwas anders sieht es die Energiewirtschaft. In einem Statement des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) heißt es: "Es kann nicht sein, dass für mögliche gesetzgeberische Fehler die Energieunternehmen geradestehen sollen."
Stromintensive Industrie im Glück: keine EEG- und Netzumlage bei sinkenden Börsen-Strompreisen
Die stromintensive Industrie in Deutschland wird vom Staat gleich mehrfach geschützt. Nicht nur von den Netzentgelten werden die Unternehmen befreit, sondern auch von der Zahlung der Umlage für den Ausbau der regenerativen Energien nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Auch diese Ausnahme-Tatbestände wurden für das Jahr 2013 deutlich ausgeweitet. Unternehmen mit einem Stromverbrauch von einer Gigawattstunde (GWh) pro Jahr werden dann von der EEG-Umlage ganz oder teilweise befreit. Bisher lag die Grenze bei 10 GWh Stromverbrauch. Beide Umlagen verteilen sich damit auf immer weniger Schultern. Vor allem private Verbraucher sowie kleine und mittlere Unternehmen werden zur Kasse gebeten. Hinzu kommt, dass die Preise an der Strombörse seit 2012 kräftig sinken. Industriekunden können sich sowohl am Spotmarkt als auch am Terminmarkt für die nächsten Jahre günstig mit Strom eindecken. Die eigentliche Intention der Ausnahmeregelungen, nämlich die heimische Industrie im internationalen Wettbewerb von einer Erhöhung der Strompreise aufgrund des Atomausstiegs zu schützen, ist also hinfällig. Bei ihren gemeinamen Plänen zur "Strompreisbremse" haben die Minister Altmaier und Rösler bereits vorgeschlagen, die Mindest-EEG-Umlage der stromintensiven Unternehmen ab 2014 anzuheben und Branchen, die nicht im internationalen Wettbewerb stehen, von der EEG-Umlagebefreiung auszunehmen.
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